Teresa Wirth
Klima-Team
|
|
|
Liebe Leserin, lieber Leser,
|
Es gibt wenige Orte in Österreich, wo man die Veränderungen durch den Klimawandel so eindrucksvoll beobachten kann, wie auf den Gletschern. Die unzähligen kleinen Bäche, die unter den Bergschuhen über die Eisfläche fließen und, das Getöse der Wassermassen, die aus dem Inneren des Gletschers kommend, talwärts donnern, die Hänge, an deren Beschaffenheit man recht gut sieht, um wie viele Meter dicker das Eis im vergangenen Jahr noch war.
|
An diese Eindrücke wurde ich gestern bei der Filmpremiere für „Requiem in Weiß“ wieder erinnert. Die ersten Szenen spielen nämlich genau auf jenem Gletscher, auf dem Mittlerbergferner im Pitztal, über den ich vor eineinhalb Jahren gestapft bin. Die Dokumentation des österreichischen Filmemachers Harry Putz ist eine Hommage an die Schönheit und die Tragik, die die österreichischen Gletscher begleiten. Im Mittelpunkt der eindrucksvollen Bilder wird die zentrale Frage aufgeworfen: „Wie wollen wir uns von ihnen verabschieden?“
|
66,3
Meter
|
zog sich die Pasterze im vergangenen Jahr zurück. Im Jahr schrumpfte ihre Länge um 203,5 Meter, ein Rekordwert.
|
Quelle: Gletscherbericht, Alpenverein
|
|
|
Dieser Abschied ist unumgänglich. Das Schwinden der Gletscher verläuft derzeit in einem Tempo, das vor wenigen Jahren noch als unwahrscheinlich eingestuft worden wäre. In 20, vielleicht 30 Jahren wird von den meisten nicht mehr viel übrig sein. Erst heute wurde bekannt, dass die Pasterze am Fuß des Großglockners bald nicht mehr als Österreichs größter Gletscher gelten wird: Dessen Zunge wird sich wohl bald vom Rest abtrennen.
|
|
Was also tun? Soll man in den letzten Jahren noch so viel für den Tourismus, fürs Skifahren herausholen, was geht? Lässt man sie in Ruhe sterben? Oder nutzt man ihren Abschied zumindest dafür, die Kompromisslosigkeit des Klimawandels möglichst vielen klar zu machen, also Bewusstsein zu schaffen?
|
In dem Film werden Schulklassen aus der Schweiz gezeigt, die die Gletscher besuchen, solange es noch geht. Ein gutes Konzept, wie ich finde, schließlich sind Fahrten zu historischen Orten oder Gespräche mit Zeitzeugen normalerweise auch Teil des Unterrichts. An diesen Orten in den Bergen wird jedenfalls auch gerade Geschichte geschrieben, nur sind es Orte, die verschwinden. Die Zeitzeugen, das sind wir.
|
Wer auf den Gletscher fährt, und dann immer noch den Klimawandel in Frage stellt, dem ist vielleicht nicht mehr zu helfen. Vielleicht kann aber Marcus Wadsak aber etwas ausrichten: Der ORF-Meteorologe ist mittlerweile Fachmann darin, Klimamythen aufzuklären. Als Hilfe für andere hat er ein Buch darüber geschrieben – und mit uns darüber gesprochen.
|
|
Sich an steigende Temperaturen anzupassen, das ist für Gletscher nicht mehr möglich, möglich und notwendig ist das aber bei vielen anderen Dingen, wie Matthias Auer schreibt. Angepasst, aber aus anderen Gründen, wird wohl der Schutzstatus des Wolfs. Im Klima-Podcast „Der letzte Aufguss“ sprechen Michael Lohmeyer, Christine Mayrhofer und ich darüber. Veronika Schmidt hat mit Wissenschafter Douglas Maraun darüber gesprochen, was sich neben Gletscherschmelze noch in den Bergen tut, zum Beispiel häufigere Hangrutschungen.
|
Trotz allem, rutschen Sie gut uns Wochenende – und genießen Sie vielleicht schon ein Eis?
|
Liebe Grüße, Teresa Wirth
|
|
|
|
|
|