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03.04.2024

Guten Morgen!

Es ist natürlich nicht verboten, mit jemanden wie Egisto Ott, dem mutmaßlichen Russland-Spion, Umgang gehabt zu haben. (Oppositions-)Politiker und Journalisten hatten einen solchen dem Vernehmen nach immer wieder. Und einem Geheimdienstler, der spricht, hört man wahrscheinlich auch gerne zu. Die Frage ist nur, ob auch immer gestimmt hat, was Ott so erzählt hat.

Kollegin Anna Thalhammer, heute „Profil“-Chefredakteurin, hat seinerzeit eher ungute Erfahrungen mit Egisto Ott und der Partie rund um ihn gemacht. Sie widmete Ott und Co. damals eine eigene Serie in der „Presse“ („Der Maulwurf-Akt“) und wurde von Ott und dessen Spezis dann über diverse Kanäle zu diskreditieren versucht, beruflich wie persönlich.

Noch schlimmer hätte es freilich die „entlaufene“ Ehefrau des russischen Oligarchen Arkadi Rotenberg erwischen können. Laut „Kronen Zeitung“ soll Ott diese zuerst „nachrichtendienstlich aufgeklärt“ und dann geplant haben, sie mittels untergeschobenen Drogen zur Rückkehr zu Väterchen Rotenberg bewegen.

Egisto Ott scheint einer jener Kärntner Roten gewesen zu sein, die dann an Jörg Haider Gefallen fanden. Zumindest behauptet das Peter Pilz: Dass Ott aus dem Umfeld Jörg Haiders gekommen sei. Jedenfalls einte sie das Feindbild: die ÖVP. Das Innenministerium, in dem Ott aufwuchs, war tiefrot gewesen ehe es Ernst Strasser auf tiefschwarz umfärbte.

Egisto Ott, laut eigenen Bekunden SPÖ-Mitglied, ging dann gemeinsam mit den neuen Freunden von der FPÖ auf Rachefeldzug. Dieser erlebte seinen ersten Höhepunkt mit der Erstürmung des BVT. Mit dem der SPÖ und der FPÖ gewidmeten U-Ausschuss schlägt nun gewissermaßen die ÖVP zurück.

Eine Frage, die hier ebenfalls immer wieder mitschwingt: Wie gut und lange kannten sich Peter Pilz und Egisto Ott? Erstmalig tauchten die beiden in einem Zusammenhang im Jahr 2009 auf: Pilz beschuldigte den früheren iranischen Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad, persönlich in die Wiener Kurdenmorde verwickelt gewesen zu sein und berief sich dabei auf eine Aussage eines deutschen Waffenhändlers in einem Ermittlungsgespräch mit Egisto Ott, damals Verbindungsbeamter an der österreichischen Botschaft in Italien.

Im U-Ausschuss im Jahr 2022 gab Pilz dann an, Ott erst seit Mitte 2019 persönlich zu kennen. Die Staatsanwaltschaft leitete in der Folge Ermittlungen wegen Falschaussage vor dem U-Ausschuss ein, stellte das Verfahren aber wieder ein. Fakt ist, dass Chatinhalte aus den ins Wasser gefallenen Handys von Innenministeriumsgrößen, die dann bei den Russen landeten, via Peter Pilz‘ Online-Plattform „Zackzack“ – quasi das linke Gegenstück zum „Exxpress“ – veröffentlicht wurden. Und auffällig ist auch, wie offensiv Egisto Ott und dessen Wirken in „Zackzack“ immer wieder verteidigt bzw. relativiert wurden. Nun hätte Ott dem Online-Medium ein Interview geben wollen, wurde aber zuvor verhaftet.

Ich hatte auch schon einmal die zweifelhafte Ehre, in „Zackzack“ vorzukommen. Weil ich in einem „Presse“-Artikel der Frage nachgegangen war, wie faschistisch der Austrofaschismus (im damaligen europäischen Kontext) gewesen sei. Der Politologe Anton Pelinka hat dann später ein ganzes Buch daraus gemacht.

Und diesbezüglich gibt es nun ein interessantes neues: Das Autorentrio Alfred Pfoser, Béla Rásky und Hermann Schlösser hat ein Buch über die „Kulturgeschichte des Austrofaschismus“ verfasst. Es heißt: „Maskeraden“. Die Autoren lassen zwar im Vorwort keinen Zweifel daran, dass sie den Austrofaschismus für austrofaschistisch halten, haben jedoch eine sehr differenzierte, in die Tiefe gehende, aber doch kurzweilige Beschreibung dieser Zeit vorgelegt.

Es geht in erster Linie um Kunst und Kultur, aber auch um Fußball, Faschingsbälle, Autos oder das Eherecht. Einer der bemerkenswertesten Aspekte des Buches ist, wie regimetreu zahlreiche Künstler damals waren – auch wenn sie das Dollfuß/Schuschnigg-Regime nur für das „geringere Übel“ hielten. Die Liste reicht von Karl Kraus über Stefan Zweig und Alma Mahler-Werfel bis zu Felix Salten, der damals auch Präsident des österreichischen PEN-Clubs war.

Sehr häufig werden in dem Buch auch die ehemaligen Kollegen der „Neuen Freien Presse“ zitiert. Für sie gilt Ähnliches wie für die Künstler. Sofern sie nicht überhaupt in Personalunion, also als Schriftsteller und „Presse“-Feuilletonisten, auftraten.

Anton Pelinka hat übrigens eine passende Formel gefunden: Faschismus ist Mussolini. Hitler ist Faschismus plus. Dollfuß/Schuschnigg Faschismus minus.

Slawa Ukrajini!

Oliver Pink

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